Die Overlocknaht oder zu deutsch der Überwendlichstich oder Überwendlingsnaht ist seit 1905 durch die Firma Merrow Machine Company industriell weiterentwickelt worden, eine Kooperation der
bekannten Nähmaschinenfabrik Wilcox & Gibbs und dem „Erfinder“ Joseph Makens Merrow, der seine Strickwaren und Trikotagen schon seit 1883 damit besäumte. Schwere und schnelllaufende
Overlockmaschinen haben in der Textilindustrie ausgehend von den USA seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts große Verbreitung gefunden, da sie Nähte schnell und gegen Ausfransen
gesichert „versäubern“ konnten. Für preiswerte, ungefütterte Massenware wie Arbeitskleidung (Jeans!), Kleidung aus gewirkten Stoffe oder Unterwäsche war das ein Meilenstein. Bis dahin war die
Zackenschere der einfache, aber kaum wirkungsvolle Schutz gegen langes Fadenziehen an den Nahtkanten. Als Zierstich wie heute war der „Überwendlichstich“ ursprünglich nicht verwendet worden.
Heute findet man die in sich verschlungene Naht so schön, dass man sie als sogenannte Coverlock-Naht auch mitten in der Stofffläche einsetzt. Beide Nahtarten entstehen jedoch völlig anders, da
beim Overlockstich ein Greifer den Faden um die Stoffkante von der Ober- zur Unterseite schlingt. Mitten im Stoff geht das nicht, hierfür sind 2 Greifer, oben und unten, nötig. Es gibt heute auch
kombinierte Näh-, Overlock- und Coverlockmaschinen.
Im Haushaltsbereich haben Overlockmaschinen aber erst seit Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre allmählich Fuß fassen können, nachdem sie entsprechend miniaturisiert wurden. Pioniere diese Entwicklung waren amerkanische Ingenieure, die zunächst mit der seit 1953 insbesondere als Hersteller von Industrienähmaschinen bekannte japanische Firma Juki zusammenarbeiteten. Einem ersten Prototyp stellten sie 1963 vor. Mit der von den amerikanischen Partnern vertriebenen ersten serienmäßigen Maschine EF-205 im Jahr 1967 kam der Durchbruch. Diese erste Maschine, der man typisch amerikanisch verniedlichend den Markennamen „Baby“lock gab, konnte damals nur einen 2fädigen Overlockstich mit einer Nadel und das Beschneiden der Schnittkante – eben die ursprüngliche Funktion. Dass dabei Rundkolbennadeln Verwendung fanden, teilweise bei Maschinen auch anderer Hersteller bis heute, obwohl im Haushaltsbereich der Fachkolbennadeltyp 130/705 Standard ist, zeigt die Herkunft aus den Industriemaschinen. Mit der Nachfolgeserie EF-305 wurde der 2 fädige Overlockstich um eine mit einer 2. Nadel im festem Abstand von 3mm gleichzeitig mitgenähte 2 fädige Sicherheits-Doppelkettenstichnaht ergänzt, die von oben einem Steppstich gleicht. Der 2fädige elastische Overlockstich ist ohne die Sicherheitsnaht nicht sonderlich reissfest und löst sich bei Beschädigung sehr schnell auf ganzer Länge. Dieser doppelte Nahttyp ist bis heute typisch z. B. an den wichtigsten Jeansnähten. Das Verlangen nach einer strapazierfähigeren Overlocknaht führte 1970 zur Einführung der EF-405 die erstmals eine 3 fädige Overlocknaht mit nur 1 Nadel erzeugte. Bei ihr fehlt aber die Doppelkettenstich-Sicherheitsnaht. Siehe auch http://www.babylock.com.au/about-us/pictorial-history oder http://www.babylock.co.jp/global/about_babylock/50-years-history-of-baby-lock/ . Nachdem Juki selbst Haushaltsoverlocks auf den Markt gebracht hat, werden die heutigen Babylock-Overlockmaschinen in einem Werk der Suzuki Machinery Co., Ltd. produziert. Babylock lässt heute auch hochwertige Nähmaschinen herstellen.
Text: Harald Demmer